Zur Königin

Ob das Wetter hält? »Betet zur Heiligen Jungfrau«, sagt Giuliano, unser Bergführer, und parkt seinen klapprigen Geländewagen am Pellegrino-Pass neben einer Gruppe Rennradfahrer. Giuliano kennt die Dolomiten wie seine Westentasche, schließlich ist er in diesen Bergen aufgewachsen und führt seit 1984 Wanderer und Skifahrer durch seine Heimat. »Das Marmolada-Massiv, wie wir es in den nächsten Tagen von Süden sehen, hängt als selbstgemaltes Ölbild über meinem Bett«, sagt der wettergegerbte Guide und lächelt. Überzeugt, der Mann ist mit Herzblut bei der Sache. Wir freuen uns auf vier Tage wandern mit ihm. Die Felstürme und Gipfel der Dolomiten, die bisweilen an Backenzähne und Sägeblätter erinnern, zählen zu den schönsten Bergen der Erde. Als die UNESCO im Jahr 2009 einem Großteil der Region den Status »Welterbe« verlieh, begründete sie ihre Entscheidung so: »Die erhabenen, monumentalen und farbenreichen Landschaften der Dolomiten haben seit jeher eine Vielzahl von Reisenden fasziniert und waren Quelle zahlreicher wissenschaftlicher und künstlerischer Interpretationen.« Und nirgendwo werden die Dolomiten höher als in der Marmolada-Gruppe zwischen den Regionen Venetien und Trentino-Südtirol – Grund genug für Fotograf Jens, unseren Kumpel Sebastian und mich, sie anzusteuern. Richtig spektakulär liegt auch unser heutiges Tagesziel, das Rifugio Contrin: Es schmiegt sich an den westlichen Fuß der Punta Penia, mit 3343 Metern der höchste Gipfel des Marmolada-Massivs und damit der gesamten Dolomiten. Nach einer Nacht auf der Hütte wollen wir über eine Kette von Zweitausendern Richtung Westen ins Fassatal steigen – immer auf und ab, über Geröll, an bizarren Felsen vorbei und zum Schluss durch saftige Almwiesen. Die Zweitagestour ist ein guter Auftakt für unsere Dolomitenwoche, fordert uns aber auch Kondition für rund 17 Kilometer und 1600 Höhenmeter ab.
Noch bei Sonnenschein, aber schon verschleiertem Himmel folgen wir vom Pellegrino-Pass aus vier Kilometer lang einem breiten Weg, dann zieht uns der Kaffeeduft am Rifugio Fuciade magisch an. Will Giuliano uns noch etwas schonen? Normalerweise ist er ein ruhiger Typ, aber als er uns beim Cappuccino erklärt, welche Touren er noch in petto hat, wirkt er für seine Verhältnisse fast aufgekratzt […]

Der komplette Beitrag erschien im Magazin outdoor 02/2019, S. 42-51. Motorpresse Stuttgart GmbH. Bilder: Jens Klatt.

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